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Auf dieser Seite von U. Schoenwaelder berichtet ein Student nach eigenen Erfahrungen über seine Empfehlungen.

Wie man Mathe lernt

A. Neuendorf - Student - (30.04.2002)

Einleitung

Dieser Text ist vor allem an diejenigen gerichtet, die sich gezielt auf eine Prüfung in Linearer Algebra, wie z.B. das Vordiplom oder die Zwischenprüfung vorbereiten. Einige der Ratschläge treffen auch auf den Umgang mit der Mathematik während des Semesters zu. Das Wichtigste daran ist, "am Ball zu bleiben", indem man insbesondere die Übungen selbst löst und Unklarheiten bezüglich des Stoffs baldestmöglich ausräumt. Darüberhinaus kann ich natürlich nicht das Patentrezept zum Lernen geben. Vielmehr möchte ich Gedankenanstöße zum Umgang mit der Mathematik geben, die auf meinen Erfahrungen beruhen.

Randbedingungen für den Lernprozeß

Wer schon mit Grauen an die Lernphase denkt, der sei getröstet. Lernen kann auch Spaß machen, wenn man sich darauf einläßt und geeignete Randbedingungn schafft. Im Einzelnen kann ich folgende Punkte ausmachen:
  1. Beginne frühzeitig mit dem Lernen!
    Für die Prüfung in Linearer Algebra sind acht Wochen und aufwärts durchaus realistisch.
  2. Übertreibe es nicht mit dem täglichen Pensum!
    Ich selbst merke nach zwei bis drei Stunden ununterbrochener, konzentrierter Arbeit am Schreibtsch, wie meine Konzentration deutlich nachläßt. Ich halte es für sinnlos, an diesem Punkt den Lernprozeß gewaltsam und mit geringen Resultaten fortzusetzen. Mache lieber eine ausgeprägte Pause, bis sich Dein Gehirn wieder erholt hat. Insgesamt komme ich so auf fünf bis sechs Stunden echten Lernens am Tag. Wer zehn Stunden am Schreibtisch sitzt, davon aber nur fünf wirklich lernt, vertut unnötig Zeit und nervt sich nur selbst.
  3. Wer die Lernphase rechtzeitig beginnt,  kann sich zwischendurch auch mal einen freien Tag erlauben, um die übrigen schönen Seiten des Lebens zu genießen. Ähnliches gilt auch für den Tagesrhythmus und das Aufstehen. Wer nicht gerne richtig früh aufsteht, tut sich auch bestimmt keinen Gefallen damit, um sieben Uhr morgens schon am Schreibtisch zu sitzen.
  4. Wichtig ist, die Arbeitszeit konzentriert zu nutzen, ohne sich ablenken zu lassen. Schalte also Computer, Fernseher, Musik etc. ab.
Derart von den äußeren Umständen vorbereitet sollte man sich noch Gedanken über seine Einstellung dem Lernen gegenüber machen.

Einstellung dem Lernen gegenüber

Erstens studiert man freiwillig. Das muß man sich immer dann wieder ins Gedächtnis rufen, wenn man z.B. gerade neidisch Spaziergängern und Radfahrern auf ihrem Weg ins Grüne zusieht, man selbst aber am Schreibtisch sitzt. Es könnte aber einen selbst auch schlimmer treffen: Wer würde stattdessen gerne in einer kalten Winternacht mit der Bundeswehr draußen zelten oder (noch schlimmer) Waffendrill machen?
Zweitens scheint gerade zu Beginn des Studiums vieles Haarspalterei zu sein. Je besser man sich dann im Stoff auskennt, desto mehr Sinn ergeben die Dinge plötzlich. Wenn für Schulzwecke beispielsweise ein Vektor als Tupel reeller Zahlen definiert wurde, so ist diese Definition im allgemeinen falsch. Wenn man z.B. den Vektorraum aller Funktionen von den reellen Zahlen in die reellen Zahlen betrachtet, kann man seine Elemente sicher nicht als Tupel von Zahlen schreiben.

 Die Praxis des Lernens an sich

  1. Arbeite die Mitschrift der Vorlesung durch und suche dabei (vermeintliche) Fehler, also diejenigen Stelle, die Du Dir nicht direkt erklären kannst!
  2. Warum steht da etwas Seltsames?
    Entweder hast Du Dich verschrieben oder der Dozent sich, oder bei einer Umformung wurden z.B. mehrere Schritte gleichzeitig durchgeführt. Eventuell geht auch die Aussage eines nicht genannten Satzes ein.
  3. Versuche, die Fragen selbst zu klären!
    Notiere sie ansonsten genau und diskutiere sie mit Kommilitonen oder Herrn Prof. Dr. Schoenwaelder selbst in der Diskussionsstunde oder in seiner Sprechstunde. Er erwies sich mir gegenüber als sehr hilfsbereit und geduldig.
  4. Wenn Dir das nicht ausreicht oder Du darüber hinausgehende Fragen hast, lies in entsprechender Literatur nach. (Herr Schoenwaelder gibt eine Literaturliste heraus.)
    Dies fördert insbesondere den Umgang mit anderen Schreibweisen, was ansonsten auch innerhalb des Studiums bei anderen Dozenten immer wieder vorkommt. Außerdem sieht ein anderer Autor dasselbe Thema oft unter einem anderen Blickwinkel, was oft einen "Aha-Effekt" und besseres Verständnis zur Folge hat.
  5. Bearbeite die Übungen, und zwar nicht nur so, daß es wohl Punkte geben wird. Abschreiben mag zwar irgendwie Spaß machen, aber man lernt nichts, und die benötigten Übungspunkte bekommt man auch, wenn man sich selbst mit den Aufgaben beschäftigt. Wer an den Punkt kommt, daß er die Lösungen abschreibt, weil er selbst die Aufgaben nicht zur Zufriedenheit des Korrektors bearbeiten kann, hat schon ein ernstes Problem: Die Klausur ist niveaumäßig in der Höhe der Übungen angesiedelt. Wer also die Übungen nicht mehr schafft, hat auch schlechte Chancen für die Klausur.
  6. Lasse Dich auf die Aufgabe als solches ein. Bei etwas fortgeschrittenen Aufgaben besteht der Lösungsweg oft darin, daß man eben nicht mehr die gewöhnlichen Verfahren anwenden kann, sondern selbst einen anderen Weg finden muß.
    Suche weitere etwaige Probleme, die sich aus der Aufgabe ergeben können! Oft sind gerade die Stellen von besonderem Interesse, die zusätzliche Voraussetzungen erfordern, wenn beispielsweise der Nenner eines Bruchs den Wert Null annehmen könnte. Spätestens wenn man nun solchen Situationen nicht gerade im Rahmen einer abzugebenden Aufgabe begegnet, muß man die Probleme souverän erkennen können. Auch das gilt es, hier zu lernen.
  7. Arbeite sauber!
    Für eine saubere Formulierung der aufgestellten Behauptungen spricht beispielsweise, daß man mit Hilfe einer nachlässigen Ausdrucksweise oft falsche Aussagen suggeriert. Dadurch ergeben sich scheinbar bewiesene Sätze, die grundsätzlich falsch sind und aus denen dann in weiteren Beweisen beliebig viele beliebig falsche Behauptungen gefolgert werden können.



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