Zusammenfassung

Die grundlegende Idee des Graduiertenkollegs „experimentelle und konstruktive Algebra“ ist die experimentelle Untersuchung algebraischer Fragestellungen auf hohem theoretischen Niveau. Motiviert durch schwierige und zum Teil abstrakte Probleme, die sowohl aus der reinen Mathematik als auch von Anwendern stammen, werden experimentell mit Computereinsatz Einsichten erzielt, die sowohl signifikante theoretische Ergebnisse als auch meist innovative algorithmische Methoden zur Folge haben.

Die Algebra-Gruppe der RWTH Aachen leistet seit 1968 Pionierarbeit in der Computeralgebra u.a. durch die Entwicklung der Computeralgebrasysteme GAP, CHEVIE und CARAT und ihre Beiträge zum modularen Atlas-Projekt. Im Fokus unserer Forschung steht die Gruppentheorie, die mathematische Abstraktion des allgegenwärtigen Symmetriekonzepts. Der Computer ist das Mikroskop der Mathematiker, mit dem sie abstrakt gegebene Objekte experimentell untersuchen. Die ständige Weiterenwicklung der entsprechenden Methoden ermöglicht zum einen immer tiefere Einblicke in die Welt der Mathematik und erlaubt zum anderen auch Anwendern die Verwendung der Algorithmen und Resultate ohne Einarbeitung in die meist schwierige Theorie im Hintergrund. Dieser experimentelle Zugang ebnet auch den jungen Doktorandinnen und Doktoranden einen direkten Weg zum Verständnis tiefliegender mathematischer Sachverhalte.

Das zweite charakteristische Merkmal dieses Kollegs ist „innermathematischer Brückenbau“. Die beteiligten Wissenschaftler forschen auf unterschiedlichen Gebieten der Mathematik, zwischen denen jedoch vielfältige Verbindungen bestehen, die in diesem Kolleg in verschiedenen Richtungen noch weiter ausgebaut und verstärkt werden sollen. Aus den sich ergebenden Synergieeffekten resultieren meist innovative Ansätze und alternative Sichtweisen, die schließlich zu einer wesentlichen Verbesserung nicht nur der algorithmischen Methoden führen. Dabei ist neben dem konstruktiven Zugang auch die Symmetrie ein übergreifendes gemeinsames Prinzip.

Jede Dissertation liegt auf der Schnittstelle der Forschungsgebiete von mindestens zwei beteiligten Professoren und ermöglicht so Einblicke in methodisch und thematisch unterschiedliche Arbeitsgebiete, wodurch die wissenschaftliche Ausbildung der Doktorandinnen und Doktoranden mit wenig Zusatzaufwand verbreitert wird.

Summary

The underlying idea of the Graduate School “experimental and constructive algebra” is the experimental study of algebraic problems at an advanced theoretical level. Motivated by difficult and partly abstract questions stemming from both pure mathematics and applied sciences, an experimental approach including the use of computers yields insight leading to both relevant theoretical results and innovative algorithmic methods.

The research group in algebra at RWTH Aachen University has been doing pioneering work in computer algebra since 1968, for example through the development of the computer algebra systems GAP, CHEVIE and CARAT, and the contributions to the modular ATLAS project. Group theory is the focus of our research; it is the mathematical abstraction of the ubiquitous concept of symmetry. The computer functions as a microscope the mathematician uses in studying abstract objects experimentally. The continuing further development of relevant methods allows increasingly deep insight into the world of mathematics. At the same time, it enables people in other areas to use the algorithms and results without having to master with the often difficult theory that lies beneath. For young doctoral students, this experimental approach provides a direct path to understanding abstract mathematical concepts.

The second characteristic of this Graduate School is its cross cutting nature. The participating researchers work in different areas of mathematics which nonetheless are joined by numerous connections. These connections will be expanded and strengthened in this Graduate School. The resulting synergistic effects yield innovative approaches and alternative points of view, leading to substantial improvements beyond the algorithmic methods. Both the constructive approach and the concept of symmetry are unifying common principles.

Every dissertation lies at the intersection of at least two different research areas of the participating professors and thereby allows insight into methodologically and thematically different fields. This ensures a broad education of the doctoral students.

Methodische Schwerpunkte

Unser Zugang zu interessanten, meist schwierigen und zum Teil abstrakten Problemen der Algebra und Zahlentheorie und deren Anwendungen besitzt eine wesentliche experimentelle Komponente. Mit Computereinsatz werden Einsichten erzielt, die sowohl relevante theoretische Ergebnisse als auch neue algorithmische Methoden zur Folge haben. Die Komplexität der untersuchten Strukturen erfordert dazu oft die Entwicklung neuer Algorithmen, die über die Möglichkeiten der Standard-Computeralgebrapakete hinausgehen. In diesen Systemen sind zum einen nicht alle Algorithmen verfügbar und auch die vorhandenen Methoden müssen für große Probleme an die spezielle Struktur angepasst werden. Daher geht die durch theoretische Fragestellungen motivierte experimentelle Arbeit oft Hand in Hand mit der Entwicklung innovativer leistungsfähiger Algorithmen, die später, zusammen mit der in den Experimenten gesammelten Erfahrung, in die vorhandenen Computeralgebrasysteme einfließen.

Methodik im Graduiertenkolleg

Brückenbau

Ein weiteres Charakteristikum des Kollegs ist seine innermathematische Interdisziplinarität. Die Dissertationsthemen liegen alle auf der Schnittstelle mehrerer Kerngebiete der Algebra und Zahlentheorie und der Analysis und werden jeweils von mindestens zweien der Antragsteller aktiv getragen, wodurch wertvolle Synergieeffekte erzielt werden. Es werden Theorien, Objekte und Beobachtungen von unterschiedlichen Standpunkten her untersucht und so Brücken zwischen den einzelnen Spezialgebieten gebaut. Gerade ein Graduiertenkolleg fördert den Austausch von Ideen der Experten aus den jeweiligen Fachgebieten durch Vorträge, gemeinsame Projekte und den Dialog der Doktorand(inn)en untereinander, aber auch durch die sorgfältige Auswahl der Dissertationsthemen.

Beispiele für Promotionsprojekte