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Schreiben im Mathematikunterricht und -studium

U. Schoenwaelder
http://www.math.rwth-aachen.de/ ~Ulrich.Schoenwaelder
Aachen, 2000-10-09

Inhalt:
  1. Notieren: Notiz/Mitschrift
  2. Reflektieren und entwickeln mit Lerntagebuch und Schmierzettel: Ideen festhalten sowie drehen und wenden
  3. Sichern in Form von Dokumenten: kleine mathematische Texte ausformulieren zwecks Problemlösen, Kontrolle und Sicherung
  4. Gestalten zusammenhängender mathematischer Texte: gut schreiben
    (mit Verweis auf mein Literaturverzeichnis zum Schreiben mathematischer Texte)
  5. Externe Links zum Schreiben im Mathematikunterricht
Mathematiktreiben ist wissenschaftliches Arbeiten, ein Prozess, bei dem das Schreiben eine zentrale Rolle spielt: beginnend mit Notizen in einem Vortrag oder einer Vorlesung, fortfahrend mit der Auseinandersetzung mit einer Idee (eigener oder fremder aus Buch oder Vorlesung) und endend mit dem Aufschreiben eines ausgearbeiteten Themas unter einem einheitlichen Gesichtspunkt (Übungsaufgabe, Aufsatz, Vorlesungsausarbeitung). Die erforderliche Arbeit kann einem ein Buch oder Vorlesungsskriptum nicht abnehmen: es kommt beim Lernen auf den Prozess an, nicht auf das geschriebene Produkt. Ich gehe nun die vier Stadien
  1. Notiz/Mitschrift,
  2. Lerntagebuch und Schmierzettel,
  3. Dokumente,
  4. zusammenhängende Texte
der Reihe nach durch.

1. Notiz/Mitschrift
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In Notizen zu einem Vortrag (evtl. um ein Protokoll zu erstellen) wird man die wesentlichen Gliederungpunkte und Ideen festhalten, um sie möglichst bald in ein Dokument zu verarbeiten. Schon dieses Notieren zwingt zu einem Ausformulieren und erleichtert anschließend die Rückbesinnung.

Das Mitschreiben einer Mathematik-Vorlesung erscheint vielen Studierenden als bloßes Abschreiben, was durch ein Skriptum des Dozenten erspart werden könne. In der Tat macht das Schreiben und Zuhören (Verarbeiten) vielen Studierenden zunächst Schwierigkeiten: sie kommen nicht nach und können deshalb nicht mitdenken. Diese Fähigkeit muss jedoch von den Studienanfängern verlangt werden; sie ist für Studium und Beruf unabdingbar. Meist stellt man jedoch sehr schnell fest, dass sinnvolles Mitschreiben das (gleichzeitige) Mitdenken erleichtert. Natürlich darf im Studium die Nacharbeit nicht fehlen: in der Vorlesungszeit durch Lerntagebuch und Übungsaufgaben, in der vorlesungsfreien Zeit durch eine Ausarbeitung. Wer sich auf ein Vorlesungsskript des Dozenten verläßt, verpasst womöglich die Chance der eigenen Auseinandersetzung mit dem Stoff und die Reflexion der eigenen Tätigkeiten, er gefährdet seinen Studienerfolg.

2.a Lerntagebuch

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Ein Lerntagebuch ist ein Platz (festes Heft), wo man für sich über Mathematik schreibt:
-- man hält eine Idee oder Frage fest,
-- man denkt über eine Frage nach,
-- man dreht und wendet ein Problem, um einer Lösung näher zu kommen,
-- man äußert seinen Unmut über den Unterricht oder freut sich über ein Erlebnis.

Tagebuchschreiben ist freies Schreiben: nichts ist "falsch"; man läßt einfach den Kugelschreiber laufen. Das Schreiben bringt das Nachdenken in Gang. Lesen Sie hierzu den Artikel
Fritz Hermanns, Schreiben als Denken,
Der Deutschunterricht (DU) 40:4 (1988), 69--81.
ISSN 0340-2258. HB: Z1934-40.

Eine gute Anweisung zum Inhalt eines mathematischen Lerntagebuchs (Journals) gibt Hans Moser (Mai 2000). [Leider existiert diese Seite hier nicht mehr (Juli 2003).]

Obwohl das Lerntagebuch in erster Linie dazu gedacht ist, dass man für sich selbst schreibt, kann es auch dazu dienen, mit dem Lehrer/Dozenten in Dialog-Kontakt zu treten. Er kann Hilfen und Anregungen geben und etwas über seinen Unterricht und seine Materialien erfahren. Als Hochschuldozent würde ich die Vorlage des Lerntagebuches eines Studierenden jedoch nicht verlangen; im Schulunterricht mag das anders gehandhabt werden.

Über ihre Erfahrungen mit Lerntagebüchern im Mathematikunterricht berichtet
Barbara J. Rose, Using expressive writing to support mathematics instruction: benefits for the student, teacher, and classroom; S. 63--73 in:
Andrew Sterret (Hrsg.), Using Writing to Teach Mathematics, MAA Notes No. 16, MAA, ohne Jahr (1990). ISBN 0-88385-066-4. HBZ 361.

Auf S. 64: Students wrote in their journals almost twice as often concerning their feelings about mathematics and/or the course than about the other categories.
Auf S. 65: "It helps me to get my feelings out more than speaking, cause it's hard for me to talk to people sometimes ... it brings out what you sometimes keep inward."
Auf S. 65: Sometimes in the act of writing out a problem, students solved it. - Writing promoted understanding. - Writing facilitated reasoning amd problem solving.
Auf S. 66: Writing was a way to reinforce learning.
Auf S. 67: Writing promoted concentration. - Writing stimulated the posing of questions.
Auf S. 70: "The more I wrote in my journal, the easier it was to communicate in class. There was a more general understanding."
Auf S. 71: Writing activities in mathematics instruction are adaptable to the needs of both teachers and students. Regardless of the level or content area, writing works because whenever students write, they individualize the instruction and construct personal meaning with their own language. That is what learning is all about.

Die Individualisierung des Lernens und Entdeckens kann noch verstärkt werden, wenn man im (schriftlichen) Dialog mit dem Schüler/Studierenden auf einen ihn interessierenden Punkt trifft und diesen entdeckend weiter entwickelt ("Kernidee" bei Gallin und Ruf im Literaturverzeichnis zum Lernen durch Schreiben).

Literaturverzeichnis zum Lernen durch Schreiben als dvi-File, als pdf-File oder als ps-File [3 Seiten].

2.b Schmierzettel
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Wichtigstes Hilfsmittel des Mathematikers sind Zettel und Bleistift; ein großer Teil davon sind Schmierzettel, auf denen man seine Gedanken präzisiert und organisiert und vielleicht Skizzen anfertigt, um einer Problemlösung näher zu kommen. Der Schmierzettel hat nur eine kurze Lebensdauer: was behaltenswert ist, wird als Dokument extrahiert, der Zettel selbst wird danach sofort weggeworfen, damit man die Übersicht behält.

3. Dokumente
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Dokumente nenne ich alle Präzisierungen von behaltenswerten Ergebnissen. Sie werden in einem Ordner systematisch gesammelt. Vgl. hierzu den entsprechenden Punkt in meinem allgemeinen Hinweis zum Studieren.

4. Zusammenhängende Texte
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Einen mathematischen Text gut abzufassen, ist keine leichte Aufgabe. Kurze Hinweise hierzu finden Sie in im Abschnitt "Ziel 3. Mathematik leserfreundlich vermitteln" in meinen Hinweisen zum Abfassen eines mathematischen Hausaufsatzes. Ausführlichere Darstellungen finden Sie über mein Literaturverzeichnis über das
Schreiben mathematischer Texte
[dvi-File oder ps-File].

5. Externe Links zum Schreiben im Mathematikunterricht
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