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Tilo

Es war ein kleiner alter Gewürzladen, in dem die Regale voller Ampullen, Dosen und Schalen standen. Die Farbenpracht der verschiedenen Gewürze erleuchtete das Innere. An einer Wand waren Stoffballen mit Stoffen in verschiedensten Farben gestapelt. Eine kleine alte Frau stand hinter der Theke, ,,Kommt doch rein, tretet näher,`` sagte sie mit einer etwas zerbrechlichen, rauhen Stimme. ,,Ich habe Euch schon erwartet.``

Sie führte die vier Ankömmlinge in einen kleinen, dunklen Hinterraum, der nur durch das Licht einer Fackel erleuchtet war. ,,Ich bin noch ein wenig altmodisch``, erklärte Tilo, ,,aber in Wirklichkeit ist die Fackel nur eine fast perfekte Imitation. Seht, dort steht der Tee schon bereit, ich habe ihn gerade frisch aufgebrüht.`` Tatsächlich standen genau fünf dampfende Tassen auf einem kleinen, runden Tisch. Der Wasserdampf tanzte mit dem Schatten der Fackel einen Tango. Tantas aqui.

Die vier Personen zwei Frauen und zwei Männer, wobei sie eine der beiden Frauen kannte, Rolery, die von diesem Planeten kam, während die anderen sich in Kleidung und Haltung völlig ungewöhnlich gaben, setzten sich auf die freien Stühle.

,,Ich weiß, daß ihr von weit, weit weg kommt``, fuhr Tilo fort, nachdem alle einen Schluck Tee gekostet hatten und Tilo sah, daß sich bei allen ein entspannter Gesichtszug breit machte. ,,und daß ihr nicht von Eurem Auftrag erzählen dürft - ihr habt Angst, oder vielmehr diejenigen, die Euch geschickt haben, sind von Angst erfüllt...``

Tilo hatte schon seit ihrer Kindheit die Gabe, die Gefühle, Sehnsüchte und Ängste der anderen Menschen zu fühlen und sogar leicht in die Zukunft zu schauen, was passieren würde. Vielleicht war sie einfach nur besonders empfindlich für die Signale, die andere Lebewesen aussandten, konnte sie besser ordnen, sortieren und Schlüsse daraus ziehen. Daher kamen immer viele Leute zu ihr, um sie um Rat zu fragen - den Gewürzladen mit allen möglichen Gewürzen behielt sie nur nebenbei, zum Spaß und Zeitvertreib. Außerdem wurde das Ambiente dadurch verbessert. Bei diesen drei Fremden war auch nicht viel anders, obwohl sie von weit, weit her kamen.

,,Es gibt Menschen, weit weit entfernt ...``, Tilo schloß ihre Augen, vielleicht um besser in die Ferne sehen zu können, durch die störenden Molekülstrukturen hindurch, die in zufälligen Strukturen um sie herum tanzten, weiter weg, bis sich Strukturen im Nebel wieder verfestigten...,,die sich um Euch sorgen. Ihr habt den Kontakt verloren - und doch wieder nicht. Zumindest besteht der Kontakt einseitig, ich kann nur nicht erkennen in welche Richtung.``

Einer der beiden Männer erinnerte sie an irgendjemanden - sein Bauch hatte zwar einen größeren Umfang, aber sonst ...seine langen Haare, die um seine kräftigen Schulter wehten, sein kräftiger Blick. ,,Du erinnerst mich an jemanden, an eine wichtige Person. Ich glaube, daß Dir diese Erinnerung weiter helfen könnte, aber erzähl mir etwas von Dir.``

Frank erzählte. Er erzählte wie glücklich es ihn machte, durch die Nase zu atmen. Er erzählte von seinen Forschungen, über die Entdeckung, daß man mit Alkohol Gehirn in die Zukunft transportieren konnte, was an sich erst einmal sinnlos war, aber die Tatsache an sich war schon bemerkenswert, vor allem wenn man bedenkt, daß vor ihm noch niemand auf diese offensichtliche Tatsache gekommen war. Diese Tatsache hatte vor einigen Jahren die gesammte Bevölkerung vom Planeten Sesos ausgenutzt, um eine gemeinsame Reise in die ferne Zukunft zu unternehmen, denn die anderen Zivilisationen waren ihnen zu primitiv8. Die Lebewesen bestanden nämlich nur noch aus Gehirn. Den Rest des Körpers hatten sie aus ästhetischen Gründen schon vor Jahrhunderten wegrationalisiert. In etwa 197 Jahren würden sie wieder auftauchen. Man kann sich garnicht vorstellen, was das für ein riesiges Besäufnis war...


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Markus Ottensmann
1999-08-23