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Grundlagen der Geometrie
Kommentar K4 zum Protokoll vom 31.01.00 (US)

Dies ist eine nachträgliche Ausarbeitung zu Aufgabe 26.
XY> bezeichnet immer den Vektor vom Punkt X zum Punkt Y.

Aufgabe 26 a)

1. Beschreibung der Situation
Wir betrachten den Desargueschen affinen Raum A = A(V) zu einem Linksvektorrraum V über einem Schiefkörper K. Die Elemente von A sind die Punkte der Geometrie; sie entsprechen nach Wahl eines Ursprungs U in A den Vektoren von V: diese Bijektion
(X geht auf UX>: von A nach V)
induziert eine Bijektion ' = (a geht auf a') zwischen den Permutationen von A und denen von V:
Xa = Y in A genau dann, wenn UX> a' = UY> in V
gilt. Die Abbildung ' bewirkt nach einem Vortrag von AS + FM einen Gruppen isomorphismus zwischen Aff(A) und T(V) . GammaL(V).

2. Hilfsmittel
Definition. Eine kollineares Punktetripel T = (P, Q, R) in A mit P ungleich Q hat das (algebraische) Teilverhältnis ATV(T) = l, wenn l in K und PR> = l . PQ> in V ist.

Hilfssatz.(a) Parallelprojektionen in A = A(V) erhalten das algebraische Teilverhältnis von kollinearen Punktetripeln.
(b) Verhältnisgleiche Tripel haben dasselbe algebraische Teilverhältnis.
(c) Tripel mit demselben algebraischen Teilverhältnis sind verhältnisgleich.

Beweis. (a) Klar nach 1. Strahlensatz in A(V).
(b) Auch bei mehreren Parallelprojektionen bleibt das algebraische Teilverhältnis erhalten.
(c) T = (P, Q, R) auf einer Geraden g und T' = (P', Q', R') auf einer Geraden g' seien Tripel mit demselben algebraischen Teilverhältnis l, also

PR> = l . PQ> und P'R'> = l . P'Q'> in V.
Es sei t die Translation, die P' in P überführt. Setze g't = g'', Q't = Q'', R't = R''. Die Translation t bewirkt eine Paralllelprojektion p1: g' geht auf g'', so dass T'p1 =: T'' verhältnisgleich zu T' ist. Auch das algebraische Teilverhältnis bleibt erhalten: ATV(T'') = ATV(T').
Jetzt vergleichen wir T'' auf g'' mit T auf g, indem wir die Parallelprojektion p2: g'' geht auf g, die Q'' auf Q projiziert, einführen. P'' = P bleibt fix bei p2. Nach Voraussetzung ist P''R''> = l . P''Q''>. Nach 1. Strahlensatz folgt P(R''p2)> = l . PQ>. Aber nach Voraussetzung ist auch PR> = l . PQ>. Deshalb folgt R''p2 = R. Dies beweist, dass T'' verhältnisgleich zu T ist. Insgesamt sind T' und T verhältnisgleich.

3. Beweis von Aff(A)' = T(V)GL(V)
Wir zeigen zunächst, dass die Abbildungen

a' = t' . phi' in T(V)GL(V) auf V
zu affinen Abbildungen a auf A gehören.
Translationen t (zu t' in T(V)) bewirken offenbar Parallelprojektionen t: g geht auf gt; sie bilden also ein kollineares Tripel T auf ein verhältnisgleiches Tripel Tt ab; d. h. sie sind affine Abbildungen in Aff(A).

Nun zu Kollineationen phi von A, die zu linearen Abbildungen phi' von V gehören! Aus

PR> = l . PQ> für ein Tripel T = (P, Q, R)
wird
PR> phi' = l . (PQ> phi'), da phi' linear ist,
d. h. PphiRphi> = l . PphiQphi> für das Bildtripel Tphi =(Pphi, Qphi, Rphi)
mit demselben algebraischen Teilverhältnis l. Nach Hilfssatz (c) sind T und Tphi verhältnisgleich. Dies zeigt, dass phi eine affine Abbildung ist.

Zum Beweis der umgekehrten Inklusion sei a in Aff(A) gegeben. Als Kollineation läßt sich a' in der Form a' = t' phi' mit einer Translation t' und einer semilinearen Abbildung phi' auf V schreiben (Vortrag von AS und FM). Zu phi' gehört also ein Körperautomorphismus s von K, für den allgemein

(l v)phi' = ls (vphi') für v in V, l in K
gilt. Wir müssen s = id zeigen.
Dazu sei v ein fester Vektor ungleich 0 und l in K beliebig. Wir betrachten das kollineare Tripel
T = (U, U * v, U * lv) =: (U, Q, R)
mit algebraischem Teilverhältnis l. Es geht unter phi auf Tphi = (U, Qphi, Rphi) mit algebraischem Teilverhältnis ls, da phi' eine s-semilineare Abbildung ist. Andererseits ist phi = t-1 a ebenfalls eine affine Abbildung. Nach Hilfssatz (b) haben deshalb Tphi und T dasselbe algebraische Teilverhältnis l. Somit ist ls = l (für beliebige l), also s = id und phi' in GL(V).

4. Bemerkung
Bekanntlich haben die Körper Q und R keine von id verschiedenen Automorphismen, so dass hier jede Kollineation von A(V) eine affine Abbildung ist. Beispiele für Körper K der Charakteristik 0 mit nichttrivialer Galoisgruppe Gal(K : Q) gibt es genug (Vorlesung Algebra I).

Aufgabe 26 b)

Ja, man wählt einen Ursprung U und einen weiteren "Einheitspunkt" E. Die Punkte der Geraden UE werden wie üblich als Elemente eines festen Koordinatenkörpers K = UE aufgefasst. Nun kann jedes kollineare Tripel T = (P, Q, R) durch eine Folge von Parallelprojektionen auf ein Tripel (U, E, S) auf UE abgebildet werden; und zwar wählen wir wie in Hilfssatz (c) als Parallelprojektionen die Translation p1: PQ geht auf U(Qp1), die P in U überführt, und als p2: U(Qp1) geht auf UE diejenige Parallelprojektion, die Qp1 in E projiziert. Damit ist S eindeutig definiert.
[Man kann sicherlich direkt zeigen, dass S unabhängig von den verwendeten Parallelprojektionen ist.]
Das Element S von UE = K nennen wir das geometrische Teilverhältnis GTV*(T) in K von T bezüglich (U, E).
[Man sollte einen entsprechenden Hilfssatz über das geometrische Teilverhältnis formulieren und direkt beweisen. Indirekt folgt er aus der Isomorphie des axiomatisch definierten Desargueschen affinen Raumes mit einem Raum A(V) über dem Schiefkörper K zu (U, E); dabei wird GTV*(T) = ATV(T).]

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