Es wurde eine Vorstellung von den Zielen, den Methoden und dem Stoff der Veranstaltung gegeben.
Ziele. Wie auch in der Schule ist es das Ziel des Studiums, zum selbständigen Erkennen, Formulieren und Lösen von Problemen mit den Methoden des Fachs zu befähigen; natürlich jeweils auf dem entsprechenden Niveau. Dies führt uns direkt zu den Methoden und dem Stoff.
Methoden. Wir notierten Tätigkeiten, welche im Laufe
dieser Veranstaltungsstunde auftraten:
- Fragen stellen,
- Fragen formulieren,
- Stoff und Fragen sammeln und ordnen,
- Ein Projekt (hier "Geometrie") planen,
- den Stand des Projektes überwachen, den nächsten Schritt konzipieren,
- Folgerungen ziehen, Beispiele und Gegenbeispiele angeben.
Diese Tätigkeiten sollen weitgehend von den Teilnehmern ausgeführt
werden, da sie in ihnen kompetent werden sollen. Dies wird sicher eine
gewisse Organisationstechnik erfordern, über die wir noch sprechen müssen.
Stoff. Es wurden angestrebt:
1. eine Ausformulierung unseres Projektes "Geometrie";
2. eine Sammlung von Begriffen, die in der Geometrie verwendet werden;
3. ein Beispiel für den axiomatischen Zugang.
Zu 1. Was ist "Geometrie"? Erdvermessung dem Wortsinn nach. Das heißt
heutzutage Geodäsie. Geometrie ist heute eher eine Sammlung mathematischer
und physikalischer Theorien über "den Raum" und Verallgemeinerungen davon.
Wir diskutierten das Verhältnis von Objekten im physikalischen Raum zu
entsprechenden Objekten einer axiomatischen mathematischen Theorie.
Zur Ausformulierung des Projektes kamen wir nicht. Es könnte aber kurz
so lauten:
Konstruktion und Analyse axiomatischer Theorien zur Geometrie.
Zu 2. Zu diesem Zweck wurden eine Reihe von anschaulichen Begriffen aufgeführt,
die in solchen Theorien vorkommen sollten:
Punkt, Gerade, Ebene, Strecke, Strahl, Winkel; parallel, orthogonal; Abstand,
Winkelmaß, Flächeninhalt und Volumen. Diese Liste ist erweiterbar.
Welche Zusammenhänge sollen die Theorien beschreiben? Kann man jetzt
schon eine grobe Gliederung in zusammengehörige Begriffe aufstellen? Das
werden wir als Unterteilung des Projektes brauchen.
Zu 3. Wir versuchten eine axiomatische Formalisierung der Begriffe "Punkt", "Gerade", "parallel" in Anlehnung an den Anschauungsraum und einigten uns auf die folgenden beiden Definitionen.
Definition. Eine Inzidenzstruktur ist ein Tripel (P,
G, I), wo P und G Mengen sind und I eine Teilmenge von
P × G ist.
Die Elemente von P heißen dann Punkte, die von G
Geraden. P I g wird gelesen als: der Punkt P liegt auf der Geraden
g.
Über Axiome reden wir später.
Definition. Eine Inzidenzstrukture mit Parallelität ist ein Quadrupel (P, G, I, ||), wobei || eine Teilmenge von G × G ist.
Durch den Anschauungsraum motiviert, sollten wir die Gültigkeit der folgenden Aussagen fordern (Axiome?), evtl. weitere.
Für Inzidenzstrukturen:
(I1) Zu je zwei (!) Punkten gibt es genau eine Gerade, auf der sie
liegen (Existenz und Eindeutigkeit von Verbindungsgeraden).
(I2) Jede Gerade hat mindestens zwei (!) Punkte.
(I3) Es gibt drei Punkte, die nicht auf einer gemeinsamen Geraden liegen.
Für Inzidenzstrukturen mit Parallelität:
(A1) Parallelität ist eine Äquivalenzrelation.
(A2) Zu jedem Punkt-Gerade-Paar gibt es genau eine Gerade, die durch
den Punkt geht und zur Geraden parallel ist.
Beispiele müssen noch zeigen, was diese "Axiome" an Strukturen zulassen.
Zur Übungsstunde vom
20.10.00;
zur nächsten Stunde vom
23.10.00.