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<b>Grundlagen der Geometrie <br> Protokoll vom 26.10.2000 (HR)<b>

Grundlagen der Geometrie
Protokoll vom 26.10.2000 (HR)

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Diese Vorlesung setzte nicht den üblichen Vorlesungsstoff fort, sondern stellte einen Einschub dar. Diese Vorlesung diente der Ordnung bisheriger und noch zu bearbeitender Begriffe der Geometrie und der Erörterung der Zusammenhänge zwischen diesen Begriffen.

Es wurden folgende Begriffe gesammelt und in Gruppen geordnet:

Punkt, Gerade, Ebene, liegt auf Strecke Länge, Abstand
Parallel

(P, G, I), wobei P eine Menge von Punkten, G eine Menge von Geraden und I eine Relation mit der Bedeutung "liegt auf" ist [Axiom].

1. Strahlensatz über Definition eines Mittelpunktes M
Strahl

Halbebene als Teil oberhalb (oder unterhalb) eines Strahls

Was ist eine Seite? (Axiome)

Winkel als Schnittgebilde zweier Halbebenen:

1. Strahlensatz


Winkelmaß


Bewegung orthogonal Flächeninhalt
Kongruenz Wann sind zwei Geraden orthogonal?

Ist g1 orthogonal auf f, so ist eine Parallele zu g1 (hier: g2) ebenfalls orthogonal auf f.
Pythagoras

Was ist cm . cm für ein mathematisches Gebilde?

Wie kann eine Fläche gemessen werden?
Definition einer "Urfläche" q, mit der alle Flächen verglichen werden, z. B. :



Den Faktor vor q bei einem Vielfachen der "Urfläche" nennen wir die Maßzahl der Fläche bzgl. q.

Aus welchem Gebilde sind Maßzahlen bzgl. q?

Physiker messen endlich genau. Daher sind deren Maßzahlen aus Q.
Mathematiker wollen das Ergebnis theoretisch so genau wie möglich haben, daher sind für Mathematiker die Maßzahlen aus R. Beispiel:


(Natürlich schlüpft ein Physiker auch in die Rolle des Mathematikers.)

Wir betrachteten nun den Satz des Pythagoras im Mathematikschulbuch Cornelsen/Schwann, 9. Schuljahr, 1995, S. 115 und folgende.

Hierbei tauchten folgende Begriffe auf, die von uns dann genau untersucht und geometrisch interpretiert wurden:

Begriff genaue Bedeutung
Quadrat Ein Viereck {A, B, C, D}, bei dem die folgenden Geraden den Bedingungen ABBC, BCCD, CDDA, DAAB, DCDB genügen, wobei "steht orthogonal auf" bedeutet.

Skizze:

Flächengleichheit Wann sind zwei Flächen (flächen)gleich?

Wir betrachten das Beispiel Dreieck:

Skizze:

Die Flächengleichheit kann hier axiomatisch eingeführt werden:
Fläche von ABC = Fläche von ABC', falls gilt:
AB || CC'.
g= 90° Was ist 90°?
90 ist ein Zahlenwert, ° eine Einheit. Beides zusammen wird als Größe bezeichnet.
a Es stellt sich die Frage: Ist a nun die Gerade BC, der Abstand |BC| (eine Größe) oder eine Zahl?
Da in der algebraischen Darstellung a2 verwendet wird, kann die Gerade ausgeschlossen werden, denn das Quadrat einer Geraden ist unsinnig. Möglich bleibt die Zahl und die Größe. Da a durch Vergleich mit einem "Urmeter" [Einheit: 1m = ein Meter] bestimmt werden kann, ist a offensichtlich eine Größe.
Fläche [als Größe] Eine Fläche wird, analog zur Länge, durch Vergleich mit einem "Urmaß" charakterisiert. Dazu definierten wir unser "Flächenurmaß" q als das eines Quadrats mit der Kantenlänge ein Meter. Wenn q unser "Urflächenmaß" (:= Einheit) ist, so gilt:

{l. q | l Î Q} ist die Menge der möglichen Größen. (Q kann dabei durch R, C... ersetzt werden.) Es handelt sich offenbar um einen eindimensionalen Vektorraum (mit einer Basis m). In der Physik wird dieses q offenbar als m2 geschrieben, wobei m unser "Längenurmaß" ein Meter ist. Warum ist dies legitim?

Diese Vereinbarung, m2 als Einheit hinter eine Flächenmaßzahl zu schreiben, ist dadurch entstanden, daß die Maßzahl für eine Fläche durch Multiplikation der Maßzahlen für Länge und Breite eines Rechtecks berechnet wird. Bei einem Quadrat wird die Maßzahl für die Breite (= Länge) quadriert, und somit ist das quadrieren der Einheit die logische Fortsetzung des Quadrierens der Maßzahlen. Wenn man das Assoziativgesetz und das Distributivgesetz für das "Produkt" von Längenmaßen verwendet, erhält man das richtige Flächenmaß, wenn man statt m2 wieder q schreibt.

Mit diesem Wissen läßt sich die Frage nach der mathematischen Natur des Quadrats einer Größe beantworten. Es gilt:

(l. m)2 = l2 . m2, wobei l2 sich in der entsprechenden Struktur (z. B. Q) berechnen läßt. m2 stellt dagegen ein Tensorprodukt dar.
Kongruenzsatz Alle drei Seiten zweier Dreiecke sind genau dann gleichlang, wenn die beiden Dreiecke deckungsgleich (:= kongruent) sind.



Der Text in diesem Buch verwendet, wie aus der Tabelle oben ersichtlich ist, eine Vielzahl von Begriffen, die untereinander in Beziehung stehen. Die Begriffe werden im Text selber jedoch nicht - oder nur unzureichend - miteinander verknüpft. Die logischen Lücken, die in seinem Text verbleiben, wurden in obiger Tabelle aufgeführt und diskutiert.
Die Intention dieses Textes ist jedoch nicht die Darstellung einer mathematisch lückenlosen wissenschaftlichen Arbeit über den Satz des Pythagoras, sondern einen Text zu liefern, der Schüler befähigen soll, die Aussage des Satzes zu verstehen. Es ist unter diesem Aspekt klar, daß eine lückenlose Argumentation nicht sinnvoll ist. Dennoch darf ein Schüler nicht mit vielen unbekannten Begriffen konfrontiert werden, die dann noch unzureichend erklärt und nicht miteinander verknüpft werden, denn hierdurch bekommt ein Schüler eine falsche Vorstellung von den verwendeten Begriffen.


Zum Schluß der Vorlesung wurde der Text zum Satz des Pythagoras im Lehrbuch "Spektrum der Mathematik", Disterweg, 1987, S. 58/59 betrachtet.
Das Vorgehen hier ist "begreiflicher Natur", d.h. der Satz wird vornehmlich zeichnerich ergründet bzw. durch ein Puzzle bewiesen.

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