Zurück zum LDfM, zur Fachgruppe Mathematik,
zur Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften, zur RWTH.
Zurück zum 15.01.01 und zur Übungsstunde vom 17.01.01;
weiter zum 22.01.01. <b>Grundlagen der Geometrie <br> Protokoll vom 18.01.2001 (HR)<b>

Grundlagen der Geometrie
Protokoll vom 18.01.2001 (HR)

Thema: Einführung des Orthogonalitätsbegriffs (Höhenschnittpunkt im Dreieck)


Wir werden im folgenden den Orthogonalitätsberiff axiomatisch erfassen und aus unseren Axiomen einige Schlüsse ziehen.


Im folgenden Protokoll ist A eine affine Ebene und G die Menge der Geraden auf A.


Definition: Es sei eine zweistellige Relation auf G. Wir nennen Orthogonalitätsrelation auf A, falls die folgenden Axiome erfüllt:
(O1) Zu jedem gÎG existiert ein hÎG mit gh.
(O2) Sind g, hÎG, so gilt gh genau dann, wenn hg gilt.
(O3) Sind g, g|, hÎG und gh, so gilt g|h genau dann, wenn g| || g ist.


Diese Axiome (O1) - (O3) werden jedoch auch von der Parallelitätsrelation erfüllt. Um dies auszuschließen, benötigen wir ein weiteres Axiom (O4):

Definition:
(Fortsetzung)
(O4) Es gibt ein gÎG mit gg.

Es wird von dem Axiom (O4) nicht ausgeschlossen, daß es gÎG gibt mit gg. Solche Geraden nennt man isotrop.




Einschub: Orthogonalität in der linearen Algebra (vgl. LA I)

Definition: Ist F ein Skalarprodukt (eine symmetrische Bilinearform) auf einem zweidimensionalen Vektorraum, so sind Vektoren v, w genau dann "orthogonal", wenn F(v, w) = 0 ist. Dies überträgt sich auf eindimensionale Teilräume. In der zugehörigen affinen Ebene (im Sinne der linearen Algebra) heißen Geraden orthogonal (), wenn ihre eindimensionalen Teilräume orthogonal sind.


Erfüllt diese Definition von Orthogonalität die Axiome (O1) - (O4)?


Beispiel 1:
Es sei .
Es gilt hier <(0, 1)> <(1, 0)> und <(0,1)> <(0, 1)>. Man sieht hier, daß das Axiom (O3) nicht erfüllt, denn <(1, 0)> ist nicht parallel zu <(0, 1)>, d.h. F definiert keine Orthogonalitätsrelation im Sinne der Axiome (O1) bis (O4).


Beispiel 2:
Es sei .
Hier sind alle Vielfache der Vektoren (1, 1) und (1, -1) isotrop. Eine Ebene mit einem solchen Skalarprodukt nennt man Minkowski-Ebene.
Skizze:
Skalarprodukte lassen sich orthogonalisieren (siehe LA 1), d.h. die Matrix, die das Skalarprodukt beschreibt, kann durch Wahl einer geeigneten Basis in eine Diagonalmatrix überführt werden. Hat die orthogonale Form eines Skalarprodukts F auf der Hauptdiagonalen keine Null, so ist orthogonal im Sinne der LA identisch mit orthogonal im Sinne der Axiome (O1) bis (O4). Skalarprodukte, deren orthogonale Form auf der Hauptdiagonalen keine Null besitzt, nennt man nicht ausgeartet.



Bemerkung 1: Ist eine Orthogonalitätsrelation auf A und P, P| jeweils eine Parallelenschar auf A, so setzen wir Ps = P| genau dann, wenn ein gÎP und ein hÎP| existieren mit gh.


Fragen:
i) Ist s wohldefiniert?
ii) Ist s bijektiv?
iii) Welche Ordnung hat s?



Zu i) Es seien gÎP und hÎP| und es gelte: gh.
Ist dann für ein h|ÎP| (also h || h|) auch gh|? (Klar nach (O3).)
Skizze:
Zu ii) Aus (O2) folgt s2 = 1 (= id), und somit ist s bijektiv.
Zu iii) Aus (O2) folgt s2 = 1 (= id), und aus (O1) folgt s ¹ 1. Damit ist die Ordnung von s gleich 2.



Bemerkung 2: Ist s eine Abbildung auf Parallelenscharen mit:
1) 1 ¹ s und
2) 1 = s2
und setzt man gh genau dann, wenn die durch g definierte Parallelenschar unter s auf die Parallelenschar von h geht, so ist eine Orthogonalitätsrelation.



Satz 1: Ist eine Orthogonalitätsrelation, gÎG und PÎA, so gilt:
Es existiert genau ein hÎG mit P I hg.
Beweis:
Existenz und Eindeutigkeit folgen unmittelbar aus (O1) und (O3).


Definition: Die Gerade h aus Satz 1 wird das Lot von P auf g genannt.
(Bemerkung: Ist g isotrop, so gibt es keinen "Fußpunkt".)

Satz 2: Ist eine Orthogonalitätsrelation auf A und ist g eine Steckung oder Translation, so gilt gh genau dann, wenn gghg ist.
Beweis: Da wir Dilatationen betrachten, gilt: gg || g und hg || h; und wegen gh folgt mit (O3) gghg.




Höhen im Dreieck

Definition: Es sei eine Orthogonalitätsrelation auf A. Ist (A, B, C) ein Dreieck auf A, so bezeichnen wir mit der Höhe ha die durch A I haBC (nach Satz 1) eindeutig bestimmte Gerade. Analog werden hb und hc definiert.


Wie liegen ha, hb und hc zueinander?

Skizze 1:
Offenbar sind in diesem Beispiel ha, hb und hc kopunktal.


Skizze 2:
Nach Bemerkung 2 ist es möglich, eine Orthogonalitätsrelation so zu definieren, daß die Höhen in unserem Dreieck (A, B, C) so liegen wie in unserer Skizze. Damit ist klar, daß nicht in jedem Gebilde (A, G, I, ||, ) gilt:
Die Höhen eines Dreiecks (A, B, C) sind kopunktal.



Einschub: Schneiden sich die Höhen eines Dreiecks in der Ebene R2 mit einem nicht ausgearteten Skalarpodukt F?


Skizze:
Wir vermuten, die Höhen sind kopunktal. Um dies zu beweisen, konstruieren wir die Gerade ha durch die Punkte S, dem Schnittpunkt der Höhen hb und hc, und A. Zu zeigen ist dann: haBC.

Beweis: Die Höhen hb und hc haben einen Schnittpunkt S, denn sonst wären diese Höhen parallel, also auch die Seiten b und c parallel.
Im folgenden sind a, b, c, ha, hb und hc als Vektoren aufzufassen. In der Ebene wählen wir dabei A als "Ursprung".
Es gilt:
F(c, hc) = 0, F(b, hb) = 0, a = b - c und ha = b + l . hc = c + m . hb.

Zu zeigen ist dann: F(a, ha) = 0.
Es gilt: F(a, ha) = F(b - c, ha) = F(b, ha) - F(c, ha) = F(b, c + m . hb) - F(c, b + l . hc) = F(b, c) + m . F(b, hb) - F(c, b) - l . F (c . hc) = F(b, c) - F(c, b) = 0.
Damit ist aha.




Da nicht alle Orthogonalitätsrelationen einen Höhenschnittpunkt in einem Dreieck liefern, wird ein zusätzliches Axiom (H) eingeführt:

(H) Ist (A, B, C) ein Dreieck, so schneiden sich ha, hb und hc in einem Punkt.

Zurück zum 15.01.01 und zur Übungsstunde vom 17.01.01;
weiter zum 22.01.01.


Zurück zum Seitenanfang, zu Grundlagen der Geometrie,
zur Hauptseite, zum LDfM, zur Fachgruppe Mathematik,
zur Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften, zur RWTH.